Jedenfalls kam der Samstag (und die gemeinsame Fahrt zur Volksbühne) in einem Tempo gleich einer polierten Bowlingkugel in einem Eiskanal. Vor Ort erinnerte ich mich an meinen letzten Besuch in dem Etablissement - noch mit meiner damals frisch angetrauten Ehefrau Antje, wo wir eine 8 Stunden-Inszenierung der Niebelungen gesehen hatten, die ich nur mit äußerster Mühe und viel verliebter Hingabe überstand. Und auch dieses Mal erwischte uns die temporale Keule mit voller Wucht: Das Stück begann um 19 Uhr - und endete ohne Vorwarnung erst kurz vor Mitternacht! Wir hatten alle mit einer 2,5-Stunden Inszenierung gerechnet - aber nein, natürlich ... Wenn schon - denn schon...
Scheer, Angerer& Rois in "Der Spieler" |
Ansonsten war das Theaterstück zu großen Teilen wie Kino, weil der zentrale Raum des Stücks, das Casino, gar nicht vom Publikum einsehbar war, sondern nur durch den Einsatz einer Livekamera auf eine große Projektionsfläche übertragen wurde, die in der Kulisse eines Viertels der Drehbühe aufgestellt war. Das hat mir sehr gut gefallen, ebenso wie die zahlreichen Anspielungen an moderne Spieler, "Playboys" und Musiker wie Mick Jagger oder Brian Jones und weitere Aspekte der Popkultur. Die Handlung zerfaserte für mein Empfinden ziemlich, einige Bilder verstand ich dann auch nicht, so z.B. 'die Kartoffel, auch die "Preussische Orange" genannt' - oder das 'deutsche Krokodil'. Und am Ende war auch meine Aufmerksamkeitsspanne überdehnt. Trotzdem muss ich sagen, dass mir das Stück gut gefallen hat und meine strikte Ablehnung gegenüber dem Theater tatsächlich ins Wanken gekommen ist. Verdammt!
Im Anschluss an diesen Abend traf ich mich noch mit Heidi im "Gretchen" zum "Klub der Pioniere", eine Veranstaltungsreihe, die ja sonst im MIKZ stattfindet. Marc Miroir (Paso Music) hatte mir freundlicherweise Gästelistenplätze zu Verfügung gestellt. Bei der Gelegenheit fand ich heraus, dass es noch einen zweiten, kleineren Raum im Gretchen gibt - und, dass auch andere Veranstaltungen mit einem tollen Lineup Anfang Dezember unter Besucherschwäche leiden. Ich muss sagen, da haben wir mit unserer Dienstagswelt - trotz der touristenarmen Schwächephase - noch deutlich mehr Gäste auf unseren Parties, als in dieser Nacht im Gretchen weilten... Und auch nettere! Es war trotzdem ein schöner Abschluss mit ein paar Vodka-Mate und Musik von Turmspringer, Pornbugs, Marc Miroir und anderen. Ins Stattbad Wedding wollte ich anschließend aber nicht mehr mitgehen - irgendwann ist auch mal gut.
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