Samstag, 4. Februar 2012

Holy Shit :: Tim Hecker spielt "Ravedeath 1972" in der Passionskirche

Es ist mal wieder Club Transmediale - kurz CTM. Und wie schon seit vielen Jahren kann ich auch dieses Mal nicht umhin, die vielen tollen Programmpunkte zu bestaunen, die Jan, Remko und Mitstreiter mal wieder an Land gezogen bzw. aus der Taufe gehoben haben. Das diesjährige Motto heißt: Spectral. Nun ja - schön unverbindlich, wie fast immer. Eine ganze Menge Panels und Happenings beschäftigen sich z.B. mit dem Zodiak Free Arts Lab, jenem legendären Improvisations- un Sessionraumvon Conrad Schnitzler und Hans-Joachim Roedelius. Es gilt als der Geburtsort von Bands wie Tangerine Dream, Ash Ra Tempel - später erwuchsen daraus Kluster / Cluster oder die Solokarriere von Klaus Schulze. Vielleicht so etwas wie der Kreissaal der Berliner Elektronikszene, die neben Köln, Düsseldorf und München die Ursuppe der Krautrock Bewegung - und damit der elektronischen Musik als Genre, bildeten. Doch leider sind hier die ganzen spannenden Programmpunkte an einem Dienstag - doch der gehört der Dienstagswelt - ist doch klar!

Photo by Marco MIcrobi
Bogdan macht mich indes auf ein anderes Event aufmerksam, ein Orgelkonzert vom Kanadier Tim Hecker in der Passionskirchze Kreuzberg. Heilige Scheiße - was soll denn das sein? Ein Orgelkonzert in einer Kirche auf der CTM? Ok, dachte ich, da muss was hinter stecken, sonst würden weder CTM noch Bogdan aka Dr. Nojoke mir soetwas ans Herz legen. Es stellte sich heraus, dass es einerseits natürlich um Orgelklänge geht, andererseits aber auch um den Luftstrom, der durch die Pfeifen strömt, an dem der Künstler tatsächlich ebenso interessiert ist: Mit seiner Hilfe erzeugt Hecker seltsame Effekte, verhuscht, ambient und drony (das Wort musste ich gerade erfinden), um diese, elektronisch moduliert, über die Orgelklänge zu legen. Das klingt wirklich abgefahren und trifft so ziemlich genau meinen Geschmack elektronischer Hörkunst! Das Artwork zu seinem entsprechenden Album ziert ein Foto aus dem Archiv der Massachusetts Institute of Technology, das Studenten im Jahre 1972 bei einem alljährlichen Ritual – dem Piano Drop - zeigt.

Auch Lenka, eine Freundin aus Tschechien, kam mit - und so verabredeten wir uns alle am Samstagabend (04.02.2012) vor der Kirche. Vor der Kirche... haben sich dann auch noch gefühlte 1500 weitere Musikfreaks verabredet! Es dauerte Ewigkeiten, bis alle drin waren. Zum Glück hatten wir unsere Karten schon vorher gekauft, denn das Konzert war überknackevoll. Einen Sitzplatz zu ergattern war unmöglich, aber der klirrenden Kälte draußen zu entkommen war ja schon mal mehr als angenehm. Genauso, wie das folgende Konzert, dass ca. 75 Minuten dauerte und ohne jedwede Inszenierung auskam.

Photo by Marco MIcrobi
Im Anschluss trafen wir noch Alex Albert aus London, die zur CTM nach Berlin gekommen war und schon reichlich verfeiert bzw. vom Programmmarathon mitgenommen wirkte. Wir verabredeten uns später noch in der Ritter Butzke, doch außer Heidi, mit der ich ebenfalls verabredet war, und verschiedenen Menschen, die ich dort ungeplant traf, tauchte niemand von meinen Konzertbegleitern auf. Es war trotzdem ein großartiger und runder musikalischer Abend...

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