Donnerstag, 21. April 2011

Fischer Z :: Konzert 20.04.2011 im C-Club (Columbia Fritz)

Das mit dem Älterwerden hat noch zwei andere Komponenten: keine Lust mehr auf faule Kompromisse und Altersmilde. Aber der Reihe nach...

Nach der letzten tollen Erfahrung mit The Chameleons sollte dieses Mal Fischer-Z mit Frontmann John Watts ein wenig 80er Revival über meinen Gehörgang in mein Herz tragen. Pünktlich erschien ich also an jenem Mittwoch vor dem C-Club. Was soll ich sagen? Ich war klar der jüngste Gast. Um mich herum nur Leute, die mindestens 5 Jahre älter aussahen als ich - und in ihrem Auftreten eine spröde Langeweile versprühten, die eine Karriere vom mittelmäßigen Gymnasiasten zum Sachbearbeiter bei Schering  suggerierten. Ich sah weder ein bekanntes Gesicht noch einen interessanten Menschen. Allein die Bratwurst im Garten schmeckte ganz o.k.

Vor Fischer Z spielte John Watts mit seiner neuen, unbedeutenden Rockformation aktuelle Stücke von seinem nicht minder belanglosen Album morethanmusic. Obwohl die Band handwerklich ganz ordentlich agierte, war mehr als höflicher Applaus von den sehnsüchtig wartenden Fans für die Bemühungen des alternden Popstars (der früher ganze Stadien füllte) nicht drin. Ein paar hundert Gäste waren gekommen und sie alle mussten die blödsinnigen Witze über Knut, den Bären (ja - wir siend in Berlin, genau...) Monica Lewinski (wir haben 2011) und Berlins Love Parade (wir haben immer noch 2011) ertragen - was zugleich ein sicheres Zeichen dafür war, dass der Ex-Star auf der Bühne die letzten 15 Jahre ausser über Fernsehenberichte und persönliche Erfahrungen (kommt für die hier genannten Beispiele dann eher nicht in Frage) wohl nicht viel von der großen weiten Welt mitgeschnitten hat. Aber irgendwie war's auch nicht so schlimm, denn das Schul-Englisch der meisten Anwesenden war lange genug in Vergessenheit geraten, dass ohnehin kaum jemand verstand, was der alte Mann mit dem lächerlich verknautschten Hut da vor sich hin brabbelte.

Das betraf auch die sinn- und poesiearmen Gedichte, die der Mann mit der immer noch tollen Stimme hier und da zum Besten gab. Ich fing an, mich fremd zu schämen, ein erstaunlich viel diskutierter Trend, der sicher auch an dem 56-jährigen Frontmann der Combo vorbei gegangen ist... Jedenfalls war es irgendwann so weit. Mit den Worten: "Hahaha, und ihr glaubt also im Ernst, dass ihr hier zu einem Fischer-Z-Konzert gekommen seid? Ihr Deppen!" verabschiedete sich die neue Formation - um Minuten später in selber Besetzung endlich die Fischer-Z Alben World Salad, Going Deaf for a Living und Red Skies Over Paradise (1979-1981) nachzuspielen. Naja - und irgendwie sagte der Satz auch alles, weil das was kommen sollte ein lustloses und ambitionsfreies Runternudeln der alten Songs war. Sonst nichts. Es war grauenhaft. Nach wenigen Songs hatte ich die Nase gestrichen voll. Und auch die Aussicht, Marlise oder Berlin einmal live zu hören konnte mich nicht in dem Laden halten. Keinen Bock auf faule Kompromisse. Alles ist besser, als mir den Scheiß hier weiter reinzuziehen. Das war das erste Mal, dass mich ein Konzert alter Helden so richtig deprimiert hat. Mein Gott, was für ein überflüssiger Abend!

Wo jetzt und hier etwas von Altersmilde zu erfahren ist? fragt sich also der aufmerksame Blog-Leser. Tja... hier direkt nicht, aber in einer Rezension von H.P. Daniels im Tagesspiegel steht am Tag nach dem Konzert: "Das ist keine abgedroschene Oldie-Show, kein Runternudeln aufgewärmter Hits. Es klingt sogar besser als damals, ohne die für die Zeit typischen Synthetizismen. Und Watts singt auch viel cooler, weniger gekünstelt als früher. Mit ihren tollen, manchmal schräggelegten Melodien, ihrer rasanten Rhythmik, mit den neuen und den alten Songs sind John Watts & Band ein großes Vergnügen." Dem stimme ich nicht zu. Aber so verschieden sind die Geschmäcker - und wenn das früher noch ein Grund gewesen wäre, solchen Leuten, die mit so jämmerlich wenig so zufrieden zu stellen sind, sofort die Freundschaft zu kündigen - oder ewige Feindschaft zu schwören - oder sie nach Schulschluss noch kurz die einzig richtige Meinung spüren zu lassen, kann man heute, aus der Milde fortgeschrittener Lebenserfahrung heraus, sich sogar ein bisschen für diejenigen freuen, deren höhepunktarmes Leben eine weitere Simulation eines schönen Abends erfahren hat. Anspruchslosigkeit hält wirklich so viele Vorteile im Leben bereit, ich weiß nicht, ob ich nicht auch ein klein wenig neidisch sein soll... War nur Spaß...

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